k+a 2024.1 : Frauen in der Architektur | Femmes et architecture | Donne e architettura

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1983 markierte eine erste Ausstellung am ETHInstitut für Geschichte und Theorie der Architektur zum Werk der Architektin Lux Guyer den Auftakt zu einer umfassenden Auseinandersetzung mit der Rolle von Frauen in der Schweizer Architektur. Seither ist viel geschehen. Eine ganze Reihe von Untersuchungen und Publikationen hat ein differenziertes Bild entstehen lassen, was Frauen – oft gegen grosse Widerstände – in der Schweizer Architektur geleistet haben. Autorin Evelyne Lang Jakob zeichnet in ihrem Beitrag das Bild einiger dieser Pionierinnen wie Flora Steiger-Crawford, Claire Rufer oder Jeanne Bueche, ordnet ihr Werk ein und geht auf wichtige Fragen zum Umgang mit ihrem Nachlass ein.

Insgesamt 14 Autorinnen und Autoren haben zu diesem äusserst vielfältigen Dossier beigetragen und ermöglichen damit einen weiten Blick darauf, was Frauen, insbesondere im 20. Jahrhundert, aber auch schon viel früher, geleistet haben. Es freut mich, auch auf einen «Primeur» hinzuweisen, ist doch die Entdeckung der Architektin und Unternehmerin Charlotte Enggist – einer Autodidaktin und Pionierin des Schweizer Flachdachbaus – aussergewöhnlich. Eliana Perotti stellt gemeinsam mit Marcel Just erste Erkenntnisse zum Schaffen dieser besonderen Frau vor. Auch dies zeigt: Das Thema ist noch lange nicht ausgeschöpft und bietet Raum für weitere spannende Recherchen – wir bleiben dran!

 

Essay | Essai | Saggio
Pascal Liévaux, Alexandra Ecclesia
Reconsidérer le rôle des femmes dans l’histoire de l’architecture (XVIe-XXIe siècles)
Diverses réflexions à travers des exemples français et suisses

Zusammenfassung
Die Rolle der Frauen in der Geschichte der Architektur neu betrachten (16.–21. Jahrhundert)
Die Rolle der Frauen in der Architektur zu überdenken, bedeutet, ihre Geschichte zu überdenken. Vom 16. bis ins 18. Jahrhundert kann ein Blick auf bereits untersuchte Gebäude in Frankreich zeigen, welche Rolle Frauen als Bauherrinnen, Arbeiterinnen oder auch Architektinnen spielten. Selbst wenn einige von ihnen an der Planung eines Gebäudes beteiligt sind, werden sie nicht als Architektinnen bezeichnet – den Autoren ist nur ein Fall bekannt, der allerdings aus Italien stammt.
In der Schweiz begannen die ersten Forschungen zur Geschichte der zeitgenössischen Architektur unter Berücksichtigung der Geschlechterperspektive 1992, als Evelyne Lang ihre Dissertation den ersten Architektinnen in der Schweiz widmete. In denselben Jahren wurden mehrere Berufsverbände gegründet, die sich für die Vielfalt in der Ausbildung und die Anerkennung von Frauen in der Architektur einsetzten und Statistiken erstellten. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts kam es zu einer historiographischen Wende mit monographischen Studien von Architektinnen und vertiefenden akademischen Projekten.

 

Dossier 1
Marcel Just, Eliana Perotti
Der Fall (von) Charlotte Enggist
Eine Schweizer Pionierin des Flachdachbaus

Zusammenfassung
Die Architektin Charlotte Enggist, eine unbekannte Autodidaktin mit ungewöhnlichem Lebenslauf, markierte mit ihrem bisher unbeachteten Werk den Beginn der Schweizer Moderne, zu der sie mit einer erstaunlich frühen Flachdachsiedlung in Zürich einen wichtigen Beitrag leistete. Ihr aus fünf Wohnbauten bestehende Komplex aus den Jahren 1930/1931 besticht durch die konsequent an den Baukörpern und der Innenraumgliederung angewandte moderne Stilsprache und der ungewohnten Kompartimentierung der Dachterrassen. Die Gestaltung ihrer eigenen, grosszügigen Wohnung, im obersten Geschoss der Wohnanlage, verströmt ebenso den Geist der frühen Moderne und verweist auf eine in jedem Sinne pionierhafte Persönlichkeit, die als Besitzerin und Erbauerin mehrerer Wohnsiedlungen eine ungewöhnliche, wenn auch kurze Karriere absolvierte und von der heute nur wenige Spuren auszumachen sind.

 

Weiterbildung
Weiterbildungsprogramme der ETH Zürich im Bereich Denkmalpflege
MAS- und CAS-Ausbildungsgänge starten im Herbst 2024

 

Dossier 2
Eva Nägeli
Das Wirken von Berta Rahm
Eine wiederentdeckte Schaffhauser Architektin

Zusammenfassung
Berta Rahm (1910–1998) war lange Zeit fast in Vergessenheit geraten. In Schaffhausen erinnerten sich die einen oder anderen noch an die widerspenstige Frauenrechtlerin und Verlegerin, ihre Arbeit als Architektin war aber auch hier weitgehend unbekannt. Erst seitdem ihr 1958 für die Schweizerische Ausstellung für Frauenarbeit (SAFFA) erstellter Pavillon vor wenigen Jahren wiederentdeckt worden war, erlangte ihre Arbeit als Architektin wieder mehr Aufmerksamkeit. Ihr schwieriger Werdegang kann exemplarisch für die kaum zu überwindenden Probleme stehen, denen eine Frau im Architekturberuf im 20. Jahrhundert in der Schweiz begegnete. Ihre Arbeit als Architektin und später als Verlegerin war zeitlebens geprägt vom Kampf um Akzeptanz und für die Gleichberechtigung der Frauen. Sie arbeitete von Ende der 1930er bis Mitte der 1960er Jahre als selbständige Architektin und schuf ein vielseitiges und beachtliches Werk an Bauten und Projekten, hauptsächlich in den Kantonen Schaffhausen und Zürich.

 

Dossier 3
Eliana Perotti
Nicht nur Winkelmass und Planrolle
Berufsbilder Schweizer Architektinnen der zweiten Generation

Zusammenfassung
Das Berufsbild der Architektin ist ein selten erforschtes Gebiet, das gilt ebenso für die Schweizer Architektinnen, deren professionelle Imago bis heute nicht Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen ist. Die professionelle Erscheinungsform, die sich durch das fotografische Bild offenbart und an die Öffentlichkeit gelangt, verrät die soziale Realität des Berufs, ist aber gleichzeitig ein Spiegel des beruflichen Selbstverständnisses und entschlüsselt eine geschlechtsspezifische Ästhetik.

 

Dossier 4
Isabelle Brunier, François Cojonnex, Isabelle Roland
Construire, gérer, dessiner
Le rôle des femmes dans l’architecture en Suisse romande, XVIe-XIXe siècles

Zusammenfassung
Bauen, verwalten, zeichnen – die Rolle von Frauen in der Architektur der Westschweiz vom 16. bis ins 19. Jahrhundert
Dieser Artikel bietet drei Einblicke in die Arbeit von Frauen in der Architektur. Im Genf des 16. Jahrhunderts treffen wir auf Arbeiterinnen auf den Baustellen der Befestigungsanlagen, bei der Eindeichung und beim Bau öffentlicher Gebäude. Sie sind beschäftigt als Trägerinnen von Wasser, Steinen und Mörtel und transportieren Materialien – und leisten somit einen wichtigen Beitrag zu den Werken der Gemeinschaft.
Im zweiten Teil des Aufsatzes werden zwei besonders aktive Baumeisterinnen vorgestellt: Catherine de Chandieu und Anna Eynard. Die Untersuchung der Korrespondenz zwischen Catherine de Chandieu und ihrem Ehemann Charles hat die wichtige Rolle von Charles bei der Überwachung der Baustelle des Schlosses L’Isle VD und der finanziellen Planung der Arbeiten hervorgehoben. Anna Eynard setzte sich ihrerseits voll und ganz für die Bauten ein, die sie und ihr Ehemann in Genf und auf dem Land errichteten.
Schon zu ihren Lebzeiten wurde ihre Begabung für Architektur von den Zeitgenossen bewundert.

 

Dossier 5
Evelyne Lang Jakob
Schweizer Pionierarchitektinnen
Sechs Fallstudien

Zusammenfassung
Die Ausstellung über Lux Guyer am ETH-Institut für Geschichte und Theorie der Architektur im Jahr 1983 markiert den Beginn der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Rolle der Frau in der Schweizer Architektur. Seit den 1920er Jahren üben Frauen in der Schweiz den Beruf der Architektin aus. Es waren Lux Guyer und Flora Steiger-Crawford, die den Weg für zahlreiche Nachfolgerinnen bahnten, deren Leben und Werk zu einer eingehenden Betrachtung einladen. Die vorliegenden Fallstudien behandeln elf selbständige Schweizer Pionierarchitektinnen: Sie werden in fünf Paaren bezüglich Ausbildung und Karriereverlauf vorgestellt, was die Einordnung erleichtert. Auch die bewegte Geschichte der Archivierung ihres Werkes wird erörtert. Als elfte Architektin schliesst Jeanne Bueche aus Delémont die Reihe ab.

 

Dossier 6
Camille Noverraz
Architecture religieuse et arts appliqués
Le rôle des femmes dans le Groupe de Saint-Luc

Zusammenfassung
Religiöse Architektur und angewandte Kunst – die Rolle der Frauen in der Groupe de Saint-Luc
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war die Kunst- und Kulturlandschaft der Schweiz stark von den Aktivitäten einer katholischen Kunstgesellschaft geprägt, die unter dem Namen Groupe de Saint-Luc bekannt war und die sich um eine Erneuerung der religiösen Kunst bemühte. Da sie Dutzende von Architekten und Künstlern umfasste, hat die Geschichtsschreibung vor allem den Beitrag männlicher Figuren innerhalb dieses Kollektivs festgehalten, obwohl auch mehrere Künstlerinnen dort tätig waren. In diesem Beitrag wird die Rolle dieser Frauen deutlich, indem ihre Karriere in der sakralen Kunst und die Rezeption ihrer Werke untersucht werden. Die abschliessenden Betrachtungen gehen der Frage nach, weshalb ihr Wirken allmählich vergessen wurde.

 

Dossier 7
Laura Hindelang
«Meinen verehrten Freunden zum Andenken von Anna der Elfenauerin»
Frauennetzwerke in der Schweiz und ihr Beitrag zu Produktion und Rezeption der gebauten Umwelt im 19. Jahrhundert

Zusammenfassung
Ausgehend von Anna Feodorowna und der Elfenau wurde ein Netzwerk von privilegierten Frauen skizziert, die über zwei Jahrhunderte diese Erinnerungsarbeit möglich gemacht haben: Im 19. Jahrhundert entwickelte Anna Feodorowna als Auftraggeberin, Besitzerin und Bewohnerin ein neues Konzept für die Elfenau und dabei den ersten englischen Landschaftspark der Schweiz. Die Künstlerin Henriette Rath porträtierte sie und stiftete den ersten öffentlichen Kunstmuseumsbau des Landes. Henriette-Louise de Meuron stellte den europaweiten Vertrieb druckgrafischer Ansichten der Elfenau und anderer gebauter Orte sicher und prägte damit das pittoreske Bild, das sich europäische Eliten von der Schweiz und Anna Feodorownas Wohnsitz machten. Mitte des 20. Jahrhunderts versetzte sich Alix von Wattenwyl in die Geschichte ihrer Hausahnin zurück und initiierte mit ihrer schriftstellerischen Tätigkeit die posthume Auseinandersetzung mit Anna Feodorowna und der Elfenau, die bis heute andauert.

 

Dossier 8
Cristina Zanini Barzaghi, Daniela Dietsche
Strutturiste invisibili
Breve storia delle donne ingegnere civili in Svizzera

Zusammenfassung
Unsichtbare Ingenieurinnen – eine kurze Geschichte der Bauingenieurinnen in der Schweiz
Das Bauingenieurwesen ist bis heute eine fast reine Männerdomäne. Im Lauf der Geschichte gibt es jedoch eine Reihe von Frauen, die diesen Beruf gewählt haben und dennoch fast völlig unsichtbar geblieben sind. Ziel dieses Artikels ist es, die Arbeit dieser Frauen sichtbar zu machen. Viele von ihnen haben nicht nur in ihrer eigenen Disziplin, sondern auch im Feld der Architektur wichtige Beiträge geleistet.

 

Dossier 9
Katia Frey
Blickwechsel ermöglichen und Vorbilder liefern
Das Diplomwahlfach «Frauen in der Geschichte des Bauens» am Departement Architektur der ETH Zürich (1994–2002)

Zusammenfassung
Das 1994 am Lehrstuhl Architektur der ETH Zürich von Flora Ruchat-Roncati neu eingeführte Diplomwahlfach «Frauen in der Geschichte des Bauens» gehört zu den ersten Bemühungen, Genderforschung und -historiographie im akademischen Beriech zu etablieren. Mit dieser Pionierlehrveranstaltung wurde ein vernachlässigtes Gebiet der Architekturgeschichte ins Blickfeld gerückt.
Sämtliche Instrumente zur Frauenförderung und für die Frauenforschung, die ihr zur Verfügung standen, setzte sie geschickt und konsequent ein. Ihren Beruf und ihre akademische Stellung nutzte sie programmatisch wie auch situativ, um die Rolle und die Figur der Architektin in eine moderne und zugleich höchst professionelle Dimension zu überführen. Ruchat-Roncati war weniger am Konzept und an der Praxis des «Andersseins» interessiert als am Konzept der «positive presence», das die Pluralität der Frauen in Architektur und Gesellschaft hervorhebt.

 

KdS | MAH | MAS
Stephanie Ehrsam
Vom Bauerndorf zur Agglomerationsgemeinde
Am 13. November 2023 wurde in der katholischen Kirche St. Paulus in Dielsdorf die Publikation des siebten Bands der Neubearbeitung der «Kunstdenkmäler des Kantons Zürich» gefeiert. Der Band widmet sich dem Bezirk Dielsdorf und damit einem Gebiet, das in den letzten 70 Jahren starken baulichen Veränderungen ausgesetzt war. Das sorgfältig recherchierte Werk legt in eingängiger Weise die Siedlungsentwicklung und den Wandel der Kulturlandschaft des Bandbezirks dar.

 

KdS | MAH | MAS
Stephanie Ehrsam et Isabelle Roland
Classicisme et innovations à Genève : une synthèse remarquable sur l’architecture privée
Le cinquième volume des Monuments d’art et d’histoire du canton de Genève, d’Anastazja Winiger-Labuda, a été présenté au public le 20 novembre 2023 au Théâtre de la Fondation Les Salons. Cet ouvrage, consacré aux grandes demeures urbaines des années 1670-1790, offre une vaste synthèse de l’habitat bourgeois et patricien de cette époque, suivie de treize monographies. Basé sur des recherches d’archives approfondies et l’analyse détaillée de nombreux bâtiments, il présente en outre quelques découvertes récentes tout à fait exceptionnelles.

 

Aktuell | Actuel | Attuale
Nicole Bauermeister, Direktorin der GSK
Billet de la direction
Pluralistische Forschung

 

Publikationen der GSK | Publications de la SHAS | Pubblicazioni della SSAS
Isabelle Roland
Le Musée international d’horlogerie à La Chaux-de-Fonds
Un premier Musée d’horlogerie est créé à La Chaux-de-Fonds en 1902, au sein de l’École d’horlogerie. Dès les années 1960, estimant qu’il est trop à l’étroit, les autorités communales et la Fondation Maurice Favre décident de lui offrir un écrin plus digne de ses collections et de son potentiel rayonnement international. En 1968, un concours d’architecture est lancé pour la construction d’un bâtiment spécifique dans le Parc des Musées. Outre 2000 m2 de surface d’exposition, ce futur musée doit contenir une salle de conférence, des ateliers de réparation de pendules et une bibliothèque.

 

Bücher | Livres | Libri
Gaëlle Nydegger
La grande révolution domestique
Dolores Hayden

Une histoire de l’architecture féministe.
Paris : Éditions B42, 2023, 376 pages
ISBN 978-2-490077-96-0
CHF 49.60

 

Auslandreisen | Voyages à l’étranger | Viaggi all’estero

  • Die Strasse der Romanik
    Kulturerbe und Geschichten im Land der Ottonen
  • Die Seufzer des Mauren
    Auf den Spuren der Mauren von Andalusien nach Marokko

 

Impressum | Impressum | Colophon

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Preis
CHF 22.00
GSK-Mitgliederpreis
CHF 16.00
Type:
Buch
Abbildungen
144
Seitenzahl
96
Autoren
Diverse
Artikelnummer
K+A-2024.1
Inhaltssprache
Deutsch
Französisch
Italienisch
Erscheinungsdatum
ISBN
978-3-03797-889-4
Bandnummer
75. Jahrgang, 1.2024
Verlag
Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte