k+a 2011.4 : Vorhang auf! - Architektur und Theater | Levez le rideau ! | Su il sipario!

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Vorhang auf!

   Ein Themenheft, das sich zur Aufgabe macht, das Verhältnis von Architektur und Theater auszuleuchten, muss auch von denen sprechen, die als «Chorführer» agieren: den Schriftstellern. Zwei grosse Schweizer Dramatiker sind deshalb in dieser Ausgabe von Kunst + Architektur in der Schweiz prominent vertreten: Friedrich Dürrenmatt (1921–1990) und Max Frisch (1911–1991), der dieses Jahr 100 Jahre alt geworden wäre. Beide «Architekten der Sprache» haben mit ihren Werken etwas geschaffen, das inspiriert. Und beide standen dem «Wortdrama» auch skeptisch gegenüber und suchten stets nach neuen Formen, es zu beleben und zu erweitern.
   Frisch, im ersten Beruf Architekt, brachte seine Erfahrungen als Juror und Mitglied eines Expertengremiums in den 1960er Jahren bei der Beurteilung des neuen Schauspielhauses in Zürich ein. Unser Autor Bruno Maurer hat aus den Archiven Material dazu zusammengetragen, das die Geschichte des anspruchsvollsten Theaterprojekts jener Zeit beleuchtet und zeigt, mit welchen inneren Konflikten Frisch zu kämpfen hatte.
   Weitere Beiträge zeigen, wie fundamental und universal Theater-Kunst ist – und mit ihr auch die Elemente, die sie verlangt. Einerseits sind, wie Frisch einmal bemerkte, «die architektonischen Lösungen gefunden». Andererseits haben Bühnenkonzepte und Theorien anfangs des 20. Jahrhunderts zu ganz neuen Entwicklungen geführt wie etwa dem Wunsch nach Überwindung der Trennung von Zuschauern und Darstellern. Auch davon spricht diese Ausgabe.
   Ein Hinweis noch zu unserem Register 2011, das wir nicht mehr in gedruckter Form versenden: Sie finden es auf der GSK Website unter www.gsk.ch im Bereich k+a.
   Ich bedanke mich im Namen der Redaktion von Kunst + Architektur in der Schweiz für Ihr Interesse und wünsche Ihnen für das kommende Jahr alles Gute.

Mit herzlichen Grüssen
Michael Leuenberger

Dossier 1
Simon Baur
Traum und Wirklichkeit
Wird die Utopie eines spezifischen Tanzhauses verwirklicht?

Das Tanztheater der Zukunft sollte rund sein, die Zuschauerränge und die Bühne sollten ineinander übergehen, neue Arten für Dekor und Beleuchtung sollten zu einer veränderten Wahrnehmung des zeitgenössischen Tanzes führen. Zahlreich sind die Visionen zu Beginn des 20. Jahrhunderts, wie sich das neue Tanztheater zu entwickeln habe. Einige davon wurden umgesetzt, in Ascona, in Hellerau und auch in Berlin. Viele sind Utopien geblieben und nur vereinzelte architektonische Beispiele zeugen von dieser heroischen Zeit des Tanzes. Nicht nur politische, sondern vor allem finanzielle Gründe sind zu nennen, dass sich die Utopien nicht verwirklichen liessen. Auch wenn mit dem Teatro San Materno in Ascona eine Vision umgesetzt wurde, sind es bis heute vor allem Zweckbauten, die gleichzeitig für Ausbildung, Proben und Aufführungen zur Verfügung stehen. Traum und Wirklichkeit sind nicht nur in den Tanzaufführungen, sondern auch in der Architektur unterschiedliche Wege gegangen.

Dossier 2
Bruno Maurer
«ich bin konservativ»
Max Frisch (1911–1991) und das neue Schauspielhaus in Zürich.
Ein Beitrag zum Frisch-Jahr

1963 bis 1966 stellt Max Frisch (1911–1991) seine doppelte Expertise als Architekt und Bühnenautor in den Dienst des wohl ambitiösesten Schweizer Theaterprojekts der 1960er Jahre. Als Wettbewerbsjuror und Mitglied eines Expertengremiums nimmt er entscheidend Einfluss auf die Wahl und die Weiterentwicklung von Jørn Utzons Projekt für ein neues Schauspielhaus in Zürich. Die Briefe, Sitzungsprotokolle und Expertisen, die sein Engagement dokumentieren – dazu gehören auch eigenhändig überarbeitete Pläne von Utzons Schauspielhausprojekt – zeigen die Ambivalenz seiner Haltung. So bedingungslos und gegenüber seinem Projektautor loyal er sich für das neue grossstädtische Wahrzeichen einsetzt, so «konservativ» gibt er sich in Bezug auf die Konzeption des Theaterinnern, wobei er als positive Referenz auch das zu ersetzende «Pfauentheater» bemüht, in dem seit 1945 in der Regel seine Stücke uraufgeführt wurden.

Dossier 3
Interview | Interview | Intervista
Lisa Laurenti Wyss
Le théâtre de La Chaux-de-Fonds : renaissance d’une salle «à l’italienne»?
Interview mit Jean-Daniel Jeanneret

Essay | Essai | Saggio
Andreas Jahn
Abschied vom Theater
Die Vorstellungen von Dürrenmatt und Kafkaauf der Bühne des Papiers

Das ursprüngliche Theater war ein chorischer Reigen auf einem Tanzplatz. Man sang im Kollektiv zu Ehren des Fruchtbarkeitsgottes Dionysos, die Vorstellungen fanden in den Köpfen statt. Mit der antiken Institutionalisierung des Theaters wurde die Vorstellung ein wortgewaltiges Schauspiel über die Möglichkeit, wie die Welt ist und was sie sein könnte. Von Aristophanes über Shakespeare bis Brecht und Dürrenmatt führte man eine in sich abgeschlossene Idee zur Diskussion. Mit Friedrich Dürrenmatt hingegen wird der Abschied vom Theater thematisiert: Die Stücke geraten in den Hintergrund zugunsten von Bemerkungen, Zwischenreden, Nachworten und Nachworten zum Nachwort. Das Theater wird unabschliessbar und kein Vorhang fällt. Die letzte Vorstellung ist: der Autor am Arbeitstisch vor dem Blatt Papier, mit der Feder in der Hand. Hier wird das Theater poetologisch und ein neues Denkspiel nach einstiger Art. Dieses Grundmotiv finden wir im Schreiben und Zeichnen von Franz Kafka. Der Autor sei ein Theaterdirektor, der seine Schauspieler – Buchstaben und Worte –, erfinden müsse. Jedes Schreiben erzählt eine Geschichte, aber hinter den Geschichten kommt die Vorstellung des Schreibens selber als die Handlung des Autors zum Vorschein. Auf der Bühne des Papiers, zunächst im Manuskript und später im rezipierten Buch, verwandelt sich jede Seite zu einer Szene unwahrscheinlicher Zusammenhänge, in der nun jede/r mitmachen bzw. singen und tanzen dürfe. Das ist f(r)u(r)chtbar.

Dossier 4
Béatrice Lovis
Les lieux de comédieà Lausanne au XVIIIe siècle
Histoire d’un lent éveil à l’architecture théâtrale

Lausanner Theaterspielstätten im 18. Jahrhundert
Das Lausanner Theaterleben im Jahrhundert der Aufklärung wurde nicht nur durch den Aufenthalt von Voltaire in den 1750er-Jahren und auf seine in der Villa Mont-Repos aufgeführten Stücke geprägt. Die Hauptstadt der Waadt empfing im Verlauf dieses Jahrhunderts beinahe zwanzig, meist aus Frankreich stammende professionelle Theatertruppen. Lausanner Theaterliebhaber mussten sich jedoch in dieser Zeit mit provisorischen, in aller Eile in städtischen oder privaten Gebäuden eingerichteten Sälen oder mit Aufführungen auf öffentlichen Plätzen begnügen. Erst 1804 wurde auf Initiative eines Waadtländer Händlers im Quartier Marterey ein eigentliches Theatergebäude errichtet. Die späte Realisierung des ersten monumentalen Theaterbaus in Lausanne war nicht zuletzt auf Misstrauen der politischen Behörden und der Geistlichkeit gegenüber dieser Art von Unterhaltung zurückzuführen.

Dossier 5
Kirsten Maar
Beziehungen vonArchitektur und Choreographie
Adolphe Appias «Rhythmische Räume», Rudolf von LabansRaumharmonielehre und die Architekturen der Bewegung

Im Zug der Theaterreformen um 1900 verabschieden sich viele Theatermacher vom Primat des Dramentextes. In der Auseinandersetzung mit Richard Wagners Idee des Gesamtkunstwerks entstehen neue Formen, die alle Mittel des Theaters als gleichwertig zu behandeln trachten. Dabei geht es auch um eine Neu-Definition der Beziehungen zwischen Choreographie und Architektur. Adolphe Appia (1862-1928) denkt die dynamischen Relationen einzelner Bühnenelemente vom Körper des Schauspielers aus. Er setzt mit Hilfe beweglicher Bühnenelemente und den Modulationen des Lichts eine fragmentarische Szenographie frei, die den Eindruck einer körperlichen Räumlichkeit erweckt. Die Konstruktion des Gesamtkunstwerks liegt beim Zuschauer, der durch das Eintauchen ins Bühnengeschehen zum Mitgestalter wird. Mittels dieses rhythmischen Ineinanders wird ein Körper konstruiert, der in engem Austausch mit seiner Umwelt steht. Vergleichbar wird bei Laban der Raum vom Körper in Bewegung aus gedacht, als «lebendige Architektur». Ausgehend von den Prämissen des frühen 20 Jahrhunderts, die aber auch heute noch für viele Choreographen und Szenographen wegweisende Bedeutung haben, kann das prominente Beispiel des Londoner Laban Centre von Herzog & de Meuron, das lediglich mittels formaler Analogien operiert, als Tanzhaus nicht vollumfänglich überzeugen.

KdS | MAHS | MAS
Carmela Kuonen Ackermann
Vom Zauber der Gold- undSeidenfäden – Entzückendesaus dem Oberwallis

  • Vernissage für den neuen Kunstdenkmälerband zum Bezirk Rheinfelden
  • Die Kunstdenkmäler der Schweiz – prominent
    Antworten von Erica Pedretti,Schriftstellerin und Künstlerin
  • Verstärkung für dieInventarisation der Kunstdenkmäler imKanton Aargau
  • Ein Kunstdenkmäler-Projekt wird gestartet:
    «Die Kunstdenkmälerdes Kantons Basel-Stadt Band X – Das Basler Münster»
  • Peter Felder zum Gedenken
  • Vom Praktikum zurwissenschaftlichen Assistenz
  • Nicolas Schätti prend la directiondu Centre d’iconographie genevoise

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  • Zur Pensionierung von Werner Bieri
  • Die GSK im Wandel: Bericht aus dem Vorstand

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  • Die Freiburger Skulptur des 16. Jahrhunderts
    Forschungsprojekt – Ausstellung – Publikationen
  • Himmelstür. Das Hauptportal des Basler Münsters

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Preis
CHF 20.00
GSK-Mitgliederpreis
CHF 15.00
Type:
Buch
Abbildungen
150
Seitenzahl
80
Autoren
Diverse
Artikelnummer
K+A-2011.4
Inhaltssprache
Deutsch
Französisch
Italienisch
Erscheinungsdatum
ISBN
978-3-03797-449-0
Verlag
Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte